Banken mögen gehofft haben, dass der Widerrufsjoker bei Autokrediten ausgedient hat, nachdem der BGH Anfang November 2019 entschieden hatte, dass bestimmte Klauseln in den Darlehensverträgen zulässig und die erfolgten Widerrufe daher unwirksam sind. „Da haben sich die Banken jedoch zu früh gefreut. Der Widerruf von Autofinanzierungen ist nach wie vor möglich. Durch die Urteile des OLG Brandenburg wurden die Rechte der Verbraucher wieder gestärkt“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Stuttgart.
Etwa eine Woche nachdem der BGH seine Entscheidung bekannt gegeben hatte, urteilte das OLG Brandenburg zum Widerruf von Autokrediten (Az. 4 U 7/19 und 4 U 8/19). Demnach können Kreditverträge mit der Mercedes-Bank auch noch Jahre nach Abschluss widerrufen werden. Die Angaben der Mercedes-Bank zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung seien unzureichend, so das OLG Brandenburg. Folge ist, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt wurde, und der Widerruf auch noch lange nach Vertragsschluss wirksam erfolgen kann.
Die Mercedes-Bank hatte in den Darlehensverträgen folgende Formulierung zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung verwendet: : „Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5 Prozent des zurückgezahlten Betrags. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“
Diese Klausel entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie gebe weder die Berechnungsmethode einer vertraglich so vereinbarten noch die der gesetzlich bestimmten Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung wieder. Der Verbraucher werde daher nicht klar und verständlich informiert und der Widerruf sei daher wirksam erfolgt, so das OLG Brandenburg.
Während es sich in den o.g. Fällen vor dem BGH um Kreditverträge der Ford-Bank bzw. BMW-Bank handelte, entschied das OLG Brandenburg nun zu Verträgen der Mercedes-Bank. „In den Verträgen anderer Autobanken, hier der Mercedes-Bank, finden sich andere Fehler bei den Pflichtinformationen oder Widerrufsbelehrungen, so dass hier der Widerruf weiterhin möglich ist. Der BGH hat ohnehin nicht grundsätzlich entschieden, dass der Widerruf von Autokrediten nicht mehr möglich ist, sondern nur bestimmte Darlehensvertragsklauseln für zulässig befunden“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer.
In Zeiten von Dieselskandal, Fahrverboten und hohen Wertverlusten bei den betroffenen Fahrzeugen kann der Widerruf der Autofinanzierung einen eleganten Weg bieten, das Fahrzeug loszuwerden. Dies ist auch deshalb erfreulich, da bei den betroffenen Mercedes-Diesel-Fahrzeugen weiterhin unklar ist, wie sich Mercedes konkret an einer Hardware-Nachrüstung beteiligt. Die Erweiterung der EURO 5 – Fahrverbote droht aber z.B. in Stuttgart schon zum 01.07.2020. Spätestens dann sehen sich alle, die beim Kauf ihres Diesels „das Beste“ erwartet haben, von der Marke mit dem Stern enttäuscht. Wer die Service-Nummer dazu anruft wird „von Pontius zu Pilatus“ vermittelt, ohne dass konkrete Angaben gemacht werden.
Bei den Autofinanzierungen der Herstellerbanken liegt meist ein sog. verbundenes Geschäft zwischen Kreditvertrag und Kaufvertrag vor. Das bedeutet, dass nach einem erfolgreichen Widerruf beide Verträge rückabgewickelt werden. Der Verbraucher gibt das Fahrzeug dann an die Bank und erhält im Gegenzug seine geleisteten Raten inkl. einer möglichen Anzahlung zurück. Was er sich anrechnen lassen muss, ist höchstrichterlich nicht entschieden.
Voraussetzung für den Widerruf ist dabei nicht, dass das Auto von Abgasmanipulationen betroffen ist. Voraussetzung ist nur eine fehlerhafte Information durch die Bank im Darlehensvertrag – egal ob mit dem Darlehen ein Diesel oder Benziner, ein Neu- oder Gebrauchtwagen finanziert wurde.
Da die Autobanken Widerrufserklärungen in den allermeisten Fällen zurückweisen, wird die frühzeitige Hinzuziehung eines Fachanwalts empfohlen.