LG Augsburg: VW-Kunden erhält Schadensersatz ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung

Das Landgericht Augsburg hat im VW-Abgasskandal ein aufsehenerregendes Urteil gesprochen. Es entschied, dass VW einem Kunden wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatz zahlen muss. Absolut bemerkenswert ist aber, dass Volkswagen nach Ansicht des LG Augsburg auch keinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung hat (Az.: 021 O 4310/16).

„Sollte das Urteil rechtskräftig werden, muss Volkswagen den VW Golf TDI des Klägers zurücknehmen und ihm den vollen Kaufpreis erstatten. Für die gefahrenen Kilometer dürfte VW keinen Wertersatz abziehen. Der Kläger hätte das Fahrzeug dann praktisch mehrere Jahre kostenlos genutzt. Von dieser Entscheidung können noch viele durch den Abgasskandal geschädigte Autokäufer profitieren“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer aus Stuttgart.

Der Kläger hatte den VW Golf TDI im Jahr 2012 für knapp 30.000 Euro gekauft. Da der Pkw von den Abgasmanipulationen betroffen ist, reichte er Klage ein und war damit auf ganzer Linie erfolgreich. „Dass VW aufgrund der Abgasmanipulationen die Kunden vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat, und daher zum Schadensersatz verpflichtet ist, haben inzwischen schon zahlreiche Gerichte entschieden. Neu an der Entscheidung des LG Augsburg ist, dass VW der Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung abgesprochen wird, da dies dem Gedanken des Schadensersatzes nach einer sittenwidrigen Schädigung widerspräche“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer.

Mit diesem Urteil setzt das LG Augsburg letztlich eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs um. Dieser hatte in einem anderen Zusammenhang entschieden, dass der Käufer einer mangelhaften Kaufsache, der nicht die Reparatur, sondern die Lieferung einer mangelfreien Ersatzsache verlangt, keine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. „Wurde der Käufer nun vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, spricht erst recht einiges dafür, dass der Käufer keine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat. Das LG Augsburg hat die europäische Rechtsprechung in seinem Urteil konsequent auf den Abgasskandal übertragen und dies schlüssig begründet“, sagt Rechtsanwalt Staudenmayer.

Nicht nur die Rechtsprechung des LG Augsburg, sondern auch zahlreiche andere Urteile belegen, dass Verbraucher gute Chancen haben, Schadensersatzansprüche gegen VW durchsetzen zu können. Dazu müssen sie allerdings rechtzeitig klagen, weil die Forderungen gegen VW voraussichtlich Ende 2018 verjähren.

Eine Option zur Schadensersatzklage kann im Falle eines finanzierten Fahrzeugkaufs der Widerruf der Autofinanzierung sein. Der Widerruf ist dann ganz unabhängig vom Abgasskandal möglich, wenn die finanzierende Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat. Da bei Autofinanzierungen häufig ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, wird durch den erfolgreichen Widerruf nicht nur der Kreditvertrag, sondern auch der Kaufvertrag rückabgewickelt. Das bedeutet, der Verbraucher stellt das Auto der Bank zur Verfügung, und erhält seine bereits geleisteten Raten zurück.