Der Bundesgerichtshof hat heute in gleich vier Verfahren bestätigt, dass die Audi AG im VW-Abgasskandal bei Fahrzeugen mit dem Dieselmotor EA 189 von VW direkt haftbar ist (BGH Urteile vom 25.11.2021 – BGH II ZR 238/20, BGH II 243/20, BGH II 257/20 und BGH II 38/21). „Dass VW sich im Abgasskandal mit dem EA 189 – Motor grundsätzlich schadenersatzpflichtig gemacht hat, hat der BGH schon im Mai 2020 entschieden. Durch die heutigen Entscheidungen des BGH steht nun fest, dass sich auch Audi nicht vor der Verantwortung drücken kann und Schadenersatz leisten muss“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer aus Stuttgart.
Der VW-Abgasskandal um Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 flog im Herbst 2015 auf. Allein in Deutschland waren nach Schätzungen fast 2,5 Millionen Fahrzeuge von den Abgasmanipulationen betroffen. Der Dieselmotor EA 189 wurde zwar von VW gebaut, aber auch in Fahrzeugen der Konzerntöchter Audi, Seat und Skoda verbaut.
Die Kläger in den vier Verfahren vor dem BGH verlangten wegen der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen beim EA 189 - Motor Schadenersatz direkt von der VW-Tochter Audi. In dem Verfahren zum Aktenzeichen VII ZR 38/21 hatte der Kläger einen Audi A4 2.0 Liter TDI als Neufahrzeug erworben, in den drei anderen Fällen ging es um einen Audi Q5, Audi A3 und Audi A5, die die Kläger im Jahr 2014 als Gebrauchtwagen gekauft hatten. In allen vier Fahrzeugen ist der Motor EA 189 mit der unzulässigen Abschalteinrichtung verbaut.
Die Kläger haben aufgrund der Abgasmanipulationen Schadenersatzansprüche gegen die Audi AG geltend gemacht und hatten in den Vorinstanzen überwiegend Erfolg. Das OLG München hatte als Berufungsgericht in allen vier Fällen im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kläger einen Schadenersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB gegen die Audi AG haben.
Auch wenn Audi den Motor EA 189 nicht selbst gebaut habe, so habe der Autobauer doch Fahrzeuge mit diesem Motor und damit mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht. Audi hafte daher im Kern wegen eigenem deliktischen Verhalten.
Audi habe aufgrund einer strategischen Unternehmensentscheidung die Fahrzeuge mit der illegalen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht, und so die Zulassungsbehörde und die Kunden arglistig getäuscht, so das OLG München. Als Herstellerin der Fahrzeuge sei sie für alle Belange des Typengenehmigungsverfahrens verantwortlich, daher müsse Audi auch eigenständig den Motor auf seine Gesetzmäßigkeit überprüfen.
Es sei nahezu ausgeschlossen, dass die Audi AG die Motoren ohne eigene Prüfung einfach „blind“ in die Fahrzeuge eingebaut hat. Zudem sei davon auszugehen, dass mindestens ein handelnder Repräsentant von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen Kenntnis hatte. Die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB seien erfüllt, so das OLG München.
Die Audi AG versuchte weiter, die Verantwortung für die Abgasmanipulationen zurückzuweisen und ging in Revision zum BGH. Damit ist sie jedoch krachend gescheitert. Der BGH bestätigte in weiten Teilen die Entscheidungen des OLG München. „Nach der höchstrichterlichen Entscheidung ist nun endgültig klar: auch die Audi AG muss im Abgasskandal bei den von ihr mit dem Motor EA 189 in Verkehr gebrachten Fahrzeugen Schadenersatz leisten“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer.
Die BGH-Urteile vom 25.11.2021 zum EA 189-Motor dürften sich auch auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen beim Nachfolgemotor EA 288 auswirken. Dieses Aggregat wird seit 2012 von VW gebaut und auch in Dieselfahrzeugen der Marken Audi, Seat und Skoda verwendet. Inzwischen hat eine Reihe von Gerichten entschieden, dass auch in Fahrzeugen mit diesem Motor eine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt. „Auch hier stehen meines Erachtens die VW-Töchter wie Audi nach der aktuellen BGH-Entscheidung in der Verantwortung“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.
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