BGH verhandelt im Abgasskandal – VW zu Schadensersatz verpflichtet

Die wichtigste Frage im VW-Abgasskandal hat der Bundesgerichtshof geklärt: Mit seinem ersten Urteil im Dieselskandal vom 25.05.2020 entschied der BGH, dass VW die Käufer durch die Abgasmanipulationen vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und zum Schadensersatz verpflichtet ist (Az.: VI ZR 252/19).

Andere Fragen werden den BGH noch beschäftigen. Am 21.07.2020 und 28.07.2020 hat er in insgesamt vier Verfahren zum Abgasskandal terminiert. Dabei werden die Karlsruher Richter u.a. klären müssen, ob die geschädigten Käufer Anspruch auf Deliktzinsen ab Zahlung des Kaufpreises haben. „Ob ein Zinsanspruch von 4 % p.a. fix bereits ab Kaufpreiszahlung und nicht erst ab Verzug oder Rechtshängigkeit, bzw. nur iHv 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz besteht, macht finanziell einen großen Unterschied, und kann eine Nutzungsentschädigung zum Teil wieder auffangen“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer aus Stuttgart.

Ein weiterer Aspekt, den der BGH Ende Juli zu klären haben wird, ist, ob Käufer, die ihr Fahrzeug erst nach dem Bekanntwerden des Abgasskandals am 22. September 2015 gekauft haben, ebenfalls Anspruch auf Schadensersatz haben. „Käufer, die ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erst später erworben und sich am Musterfeststellungsverfahren gegen VW beteiligt haben, sind hier durchs Sieb gefallen und haben kein Vergleichsangebot erhalten. Für sie wird die Entscheidung des BGH besonders interessant“, so Rechtsanwalt Staudenmayer. In den beiden anderen terminierten Verfahren geht es schließlich noch um die Verjährung der Schadensersatzansprüche.

„Die wichtigste Frage hat der BGH allerdings schon am 25. Mai geklärt. VW ist im Abgasskandal grundsätzlich schadensersatzpflichtig“, betont Rechtsanwalt Staudenmayer. Dabei hat der BGH klargestellt, dass die Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung ist. Aus reinem Gewinnstreben habe VW die rechtswidrigen Abgasmanipulationen bei Millionen Fahrzeugen vorgenommen, und dadurch auch vorsätzlich und sittenwidrig gehandelt, führten die Karlsruher Richter aus.

Die geschädigten Kunden können den Kaufvertrag rückabwickeln. Gegen Rückgabe des Fahrzeugs können sie die Erstattung des Kaufpreises verlangen. VW dürfe im Gegenzug eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer abziehen. Zu der Rechtsfrage, ob die Nutzungsentschädigung angerechnet werden muss, werden allerdings in nächster Zeit noch Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs erwartet.

Der BGH stellte zudem klar, dass dem Kunden der Schaden schon durch den Abschluss eines Kaufvertrags über ein Fahrzeug, das im Straßenverkehr nicht voll einsatzfähig ist, entstanden ist. Denn durch die unzulässige Abschalteinrichtung habe die Stilllegung der Fahrzeuge gedroht. Es liege auf der Hand, dass der Kaufvertrag nicht zu Stande gekommen wäre, wenn der Käufer Kenntnis von den Abgasmanipulationen und den ganzen Folgeproblemen gehabt hätte. Das gilt für den Kauf von Neuwagen und Gebrauchtwagen. Durch ein Software-Update könne der Schaden nicht behoben werden.

Der BGH hat mit seinem ersten Urteil im VW-Abgasskandal die Rechtsprechung der meisten Landgerichte und Oberlandesgerichte bestätigt. „Dadurch sind auch die Chancen, Schadensersatzansprüche gegen andere Autohersteller wegen deren Abgasmanipulationen durchzusetzen, gestiegen“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

 

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