OLG Oldenburg: Schadensersatzansprüchen im VW-Abgasskandal 2019 und deren Verjährung

Schadensersatzansprüche im VW-Abgasskandal, die erst 2019 geltend gemacht wurden, sind noch nicht verjährt. Diese Auffassung hat das OLG Oldenburg mit Urteilen vom 30. Januar 2020 bekräftigt (Az.: 1 U 131/19 und 1 U 137/19).

Die Frage der Verjährung spielt im Abgasskandal eine wichtige Rolle. VW argumentiert mit Verjährung zum 31.12.2018 unter Hinweis auf die dreijährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist, da der Abgasskandal im Herbst 2015 bekannt wurde. „VW hat da allerdings eine eigene Zeitrechnung. Entscheidend für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist ist nicht, dass der Abgasskandal im Herbst 2015 aufgeflogen ist, sondern die Kenntnis, dass dadurch ein Anspruch auf Schadensersatz entstanden ist. Dazu war der Sachverhalt aber erst im Laufe des Jahres 2016 ausreichend aufgeklärt, wie nun das OLG Oldenburg und auch andere Gerichte bereits entschieden haben“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer aus Stuttgart.

In dem Verfahren vor dem OLG Oldenburg ging es um die Klage eines Verbrauchers, der einen vom Abgasskandal betroffenen VW Golf Plus erworben hatte. Auf Schadensersatz hatte er erst im Jahr 2019 geklagt. Das OLG Oldenburg folgte der Argumentation von VW nicht und gab der Klage statt. Die Verjährungsfrist habe nicht schon 2015 begonnen.

Für den Beginn der Verjährung sei die Kenntnis des Schadens und des Schädigers 2015 nicht ausreichend gewesen. Vielmehr müsse auch die Kenntnis von Tatsachen vorliegen, auf deren Grundlage der Geschädigte eine Klage mit einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg einreichen könne. Dazu sei es zwar nicht notwendig, alle Details zu kennen, es müsse aber auch nicht schon Klage erhoben werden, wenn der Sachverhalt noch weitgehend ungeklärt ist, führte der erste Zivilsenat des OLG Oldenburg aus. VW habe im September 2015 zwar mitgeteilt, dass es beim Dieselmotor des Typs EA 189 „eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb“ gebe, eine Kenntnis des Vorstands oder anderer verantwortlicher Personen von den Abgasmanipulationen wurde von dem Konzern aber bestritten. Erst im Laufe des Jahres 2016 sei der Gesamtkomplex durch Medien, Staatsanwaltschaften und Rechtsanwälte weiter aufgeklärt worden, so der Senat.  Fazit: Da die Geschädigten erst 2016 Kenntnis davon erlangten, dass sie aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung Schadensersatzansprüche geltend machen können, konnten Ansprüche auch 2019 noch geltend gemacht werden, so das OLG Oldenburg, das die Revision zum BGH zugelassen hat.

Fraglich ist jedoch, ob im Abgasskandal 2019 Verjährung eingetreten ist. Das Landgericht Duisburg hat z.B. geurteilt, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage möglich ist. „Das wäre erst nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs der Fall. Der BGH verhandelt am 5. Mai einen Fall im Abgasskandal und wird sich voraussichtlich dabei auch zur Verjährung und zur Nutzungsentschädigung äußern“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

Die Frage der Verjährung im Dieselskandal stellt sich derzeit ausschließlich bei Fahrzeugen mit dem Motor EA 189.  Bei Modellen mit dem größeren 3-Liter-Diesel-Motor oder auch dem Nachfolgediesel EA 288 spielt die Verjährung noch keine Rolle, da deren Abgas- und Motorenmanipulationen noch später bekannt wurden.

 

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