Das OLG Düsseldorf hat in mehreren Urteilen und Beschlüssen deutlich gemacht, dass es die von der Santander Bank verwendete Widerrufsinformation für fehlerhaft und damit der Widerruf eines Verbraucherdarlehens auch noch nach Jahren möglich ist. Durch die fehlerhafte Widerrufsinformation sei die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt worden und der Widerruf daher nicht verfristet erfolgt, so das OLG Düsseldorf zuletzt in einem Hinweisbeschluss vom 26.01.2021 – 14 U 61/20.
Der Verbraucher kann einen Verbraucherdarlehensvertrag widerrufen, wenn die Bank die sogenannte Kaskadenklausel in der Widerrufsinformation verwendet hat, und ansonsten die gesetzlichen Belehrungsmuster nicht exakt übernommen hat.
Auch viele andere Autobanken haben in ihrer Widerrufsinformation den Kaskadenverweis verwendet. Dabei wird darauf hingewiesen, dass die Widerrufsfrist nach Vertragsschluss zu laufen beginnt, wenn der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat. Dieser Verweis setzt eine Paragrafen-Verweisungskette in Gang, die selbst viele Juristen nicht verstehen können. Der EuGH hat am 26.03.2020 in der Rechtssache C-66/19 entschieden, dass solche Kaskadenverweise für den Darlehensnehmer unklar und unverständlich sind.
Der Bundesgerichtshof ist dem EUGH nun in 2 Urteilen vom 27.10.2020 gefolgt, sodass sich die Bank beim Kaskadenverweis nur darauf berufen kann, das gesetzliche Muster verwendet zu haben, wenn sie sich sonst auch tatsächlich an die gesetzliche Mustervorlage gehalten hat. Bei Abweichungen ist die Widerrufsinformation fehlerhaft und die Widerrufsfrist deshalb nicht in Gang gesetzt worden (BGH vom 27.10.2020 - XI ZR 525/19 und XI ZR 498/19).
Solche Abweichungen liegen beispielsweise vor, wenn in der Widerrufsinformation auch über die Folgen des Widerrufs für eine Restschuldversicherung informiert wird, obwohl der Kreditnehmer so eine Versicherung gar nicht abgeschlossen hat.
Das OLG Düsseldorf stellte am 26.01.2021 fest, dass die Widerrufsinformation der Santander Bank in mehreren Punkten vom gesetzlichen Muster abgewichen ist. Die Santander Bank habe den Kaskadenverweis verwendet, der nach der Rechtsprechung von EuGH und BGH als unklar und unverständlich anzusehen ist, und könne sich wegen zusätzlicher Abweichungen von der Musterbelehrung nicht auf deren Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Der Widerrufsinformation war nämlich der Satz hinzugefügt worden „Wenn dem Darlehensnehmer für den weiteren Vertrag ein Rückgaberecht an Stelle eines Widerrufsrechts eingeräumt wurde, steht der Rückgabe im Folgenden der Widerruf gleich“. Der Kunde könne die Fehler auch nicht einfach selbst erkennen, sodass er sich keine unzulässige Rechtsausübung vorhalten lassen muss.
„Die Santander Bank ist in ihrer Widerrufsbelehrung gleich mehrfach vom gesetzlichen Muster abgewichen. Insbesondere in solchen Fällen bestehen gute Chancen, Kreditverträge insbesondere aus den Jahren 2014-2017 erfolgreich zu widerrufen, und ähnliche Formulierungen haben auch andere Banken verwendet.“, so der erfahrene Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Michael Staudenmayer, der Mandanten in Widerrufsfällen bundesweit vertritt.
Angesichts von Abgasmanipulationen und Fahrverboten kann der Widerruf des Kreditvertrags bei Autofinanzierungen interessant sein. Da beim Kauf des Autos und der Darlehensaufnahme meist ein sog. verbundenes Geschäft vorliegt, werden nach einem erfolgreichen Widerruf beide Verträge rückabgewickelt, sodass der geschädigte Kunde dem Fahrverbot durch Rückgabe des Fahrzeugs gegen Rückerstattung des Kaufpreises abzgl. einer Nutzungspauschale entgehen kann, und dessen Darlehen rückabgewickelt wird.