Verbraucher können Geld zurückverlangen

Von Verbrauchern, die ihr Darlehen vorzeitig zurückzahlen, berechnet die Bank für die damit verbundenen entfallenen Zinszahlungen standardmäßig die sog. Vorfälligkeitsentschädigung (sh. z.B. BGH vom 28.07.2020 - XI ZR 288/19).

Gemäß § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB kann die Bank zwar grds. eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung

   - für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen,

   - wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung

   - Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet.

Es ist auch zu beachten, dass der BGH seit seinen Urteilen vom 19.01.2016 (XI ZR 103/15) und vom 22.11.2016 (XI ZR 187/14) der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung verwehrt, wenn sie selbst den Kredit gekündigt hat. Zusätzlich kommt es in den letzten Jahren in der Rechtsprechung immer mehr auf die Formulierungen im Darlehensvertrag an.

Die Vorfälligkeitsentschädigung müssen die Verbraucher daher ggf. nicht zahlen, bzw. können sie von der Bank zurückverlangen, wie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt (BGH vom 28.07.2020 - XI ZR 288/19). Der BGH hat entschieden, dass die Bank keinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung bei einem Verbraucherdarlehensvertrag hat, wenn sie dort fehlerhafte Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gemacht hat. „Der Anspruch ist dann vollständig erloschen und lebt auch durch eine etwaige Nachbelehrung nicht wieder auf. Einige Banken scheinen standardmäßig weiter einfach mal die Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen, und abzuwarten was passiert.“, sagt Rechtsanwalt Michael Staudenmayer, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Stuttgart.

 

Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung erlischt bei fehlerhaften Angaben

Die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Ablösung des Darlehens gehört zu den Pflichtangaben, die eine Bank gegenüber dem Verbraucher bei Abschluss eines Darlehensvertrags machen muss. Macht die Bank dabei fehlerhafte Angaben zur Berechnung verliert sie ihren Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung.

 

Bank nennt nur gesetzliche Höchstgrenze

In dem vom BGH 2020 entschiedenen Fall (BGH - XI ZR 288/19) war in dem Darlehensvertrag festgelegt, dass die Bank im Falle einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann. Unter der Überschrift Vorzeitige Rückzahlung des Darlehens heißt es: „Die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung geringer als ein Jahr ist, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags. Ist die so ermittelte Vorfälligkeitsentschädigung höher als die Summe der noch ausstehenden Zinsen, wird diese Summe als Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.“

Diese Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei fehlerhaft und benachteilige den Verbraucher unangemessen, so der BGH. Denn die Bank habe damit nur die gesetzlichen Höchstgrenzen für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung genannt. Tatsächlich habe sie nach § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB aF aber lediglich den Anspruch auf eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens zusammenhängenden Schaden. Dieser könne jedoch auch unter den gesetzlichen Höchstgrenzen liegen, so der BGH. Durch diese fehlerhafte Angabe habe die Bank ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verloren.

 

Verbraucher können Geld zurückverlangen

„Für Verbraucher bedeutet dies, dass sie bei einer fehlerhaften Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung diese erst gar nicht zahlen müssen. Wurde bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt, kann sie von der Bank zurückverlangt werden“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer. Banken haben nach der Rechtsprechung des BGH keinen Anspruch auf eine maximale, sondern auf eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung. Einen fixen Anspruch auf den gesetzlich zulässigen Höchstbetrag gibt es nicht.

Immobiliendarlehen stellen dabei eine Ausnahme von anderen Verbraucherkrediten dar, weil es für sie keine gesetzliche Höchstgrenze für eine Vorfälligkeitsentschädigung gibt. In diesen Fällen muss die Bank hinreichend verständlich darstellen, wie sie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet.

Ein Urteil des OLG Frankfurt vom 01.07.2020 - 17 U 810/19, zeigt weitere Argumente auf, aufgrund derer Banken keine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht. Das OLG hält fest, dass die Regeln der Bank zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich selbst dann sein müssen, wenn die vertraglichen Vorgaben über die erforderlichen Pflichtangaben hinausgehen. In jenem Fall war vereinbart, dass die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden „am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe“ ansetzt, „soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristenkongruenten Laufzeiten vorhanden sind“. Dazu enthielt der Vertrag aber keine Angaben. Es war also offen, was im Fall des Fehlens entsprechender Hypothekenpfandbriefe, z.B. bei unterjährigen Laufzeiten, zu geschehen hätte. Ein Verbraucher könne das nicht verstehen.

Rechtsanwalt Staudenmayer rät: „Aufgrund der komplizierten Fragen rund um die Kündigung von Darlehensverträgen (oder ob stattdessen sogar noch ein Widerruf möglich ist), die Möglichkeiten, Vorfälligkeitsentschädigungen zu vermeiden, bzw., wie diese ggf. zu berechnen sind, sollten Sie rechtzeitig -jedenfalls vor dem geplanten Verkauf einer Immobilie- fachanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.“

Mehr Informationen: https://www.ra-staudenmayer.de/t%C3%A4tigkeitsschwerpunkte/bankrecht

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